Erklärung – Levelling

Das Konzept des "Levelling" hat eine große psychologische Tiefe und lässt sich am besten anhand eines Beispiels veranschaulichen. 

Stellen Sie sich vor, Spieler A macht einen Open-Raise, wird von Spieler B mit einer 3bet konfrontiert und foldet. In der nächsten Runde passiert das Gleiche, Spieler B macht eine 3bet und Spieler A steigt aus. Die darauffolgende Runde läuft ähnlich ab: zum dritten Mal tätigt Spieler B eine 3bet, aber diesmal macht Spieler A eine 4bet. Was ist hier los?

Es könnte entweder sein, dass Spieler A frustriert ist und eine 4bet mit einer zu großen Range macht, oder es könnte einfach sein, dass Spieler B schließlich auf den oberen Teil der Range von Spieler A gestoßen ist. Worum handelt es sich?

Beides könnte der Fall sein. Wenn Spieler B den psychologischen Zustand von Spieler A gut versteht, wird er in der Lage sein, auf dem richtigen "Level" zu denken und die richtige strategische Anpassung vorzunehmen. Wenn er sich auf dem falschen Level befindet, wird er oft genau das Gegenteil machen.

Innerhalb solcher Level gibt es eine unendliche Anzahl von Abstufungen (ein bisschen so, als würde man einen Spiegel in der Reflexion eines anderen Spiegels betrachten). Bei der Analyse der psychologischen Struktur von Spieler A muss Spieler B die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Spieler A ebenfalls versucht, sich an die Psychologie von Spieler B anzupassen.  D.h. vielleicht ist die Entscheidung von Spieler A eine 4bet zu machen, eher davon abhängig, wie er sich vorstellt, dass sie von Spieler B wahrgenommen wird, als davon, wie er Spieler B wahrnimmt. 

Die Abstufungen können unbegrenzt fortgesetzt werden. Vielleicht weiß Spieler B, dass Spieler A von ihm (Spieler B) erwartet, dass er seine 4bet als reine Value-4bet interpretiert. Es ist daher möglich, dass Spieler A eine 4bet mit einer größeren Range als Exploit macht. Spieler B ist also in der Lage, eine Ebene tiefer zu denken und zu erkennen, dass es sich um eine solche 4bet handelt, weil er weiß, wie Spieler A ihn wahrnimmt. Wenn Spieler A noch eine Stufe tiefer geht, würde er sich wieder für eine Value-4bet entschieden.

Obwohl die Anzahl der Level unendlich ist, schwanken die Spieler oft zwischen zwei gegensätzlichen Spielweisen hin und her, d. h. zwischen Value und Bluff. Das Ziel ist es, Ihrem Gegner einen Schritt voraus zu sein. Wenn Sie ihm zwei Level voraus sind, machen Sie in der Regel das falsche Play. Dies wird oft im englischen als „levelling ourself“ bezeichnet.

Um ein gängiges Beispiel zu nennen: Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine River Bet in einer Situation machen, in der es für Ihren Gegner sehr schwer ist, mit genügend Kombinationen zu bluffen. Die Spielweise von Level 1 ist sich selbst einfach zu sagen: "Mein Gegner blufft hier wahrscheinlich nicht, ich kann häufig folden". Die Spielweise von Level 2 besteht darin, zu denken: "Ah, aber mein Gegner weiß, dass ich ihm nicht zutraue, hier zu bluffen, also tut er wahrscheinlich sein Bestes, um extrem häufig zu bluffen". 

Die Spielweise von Level 2 in diesem Beispiel bedeutet oft, dass Sie Ihrem Gegner zu viel zutrauen, da er das Spiel versteht. Dies führt dazu, dass Sie das genaue Gegenteil der besten Entscheidung treffen.

Beispiel für den Begriff Levelling in einem Satz -> Sie haben schon häufig gegeneinander gespielt und aus diesem Grund ist die mentale Komponente und das damit einhergehende Levelling entscheidend. 

Wie Sie Levelling als Teil Ihrer Pokerstrategie nutzen können

Levelling ist ein bekanntermaßen komplexer Bereich des Pokerspiels und hat tiefe Wurzeln in der menschlichen Psychologie. Es ist sehr leicht, sich in Gedankengängen zu verstricken: "Er denkt, dass ich denke, dass er denkt...." usw.

Es mag viele überraschen, dass der durchschnittliche Gegner, mit dem Sie es zu tun haben, überhaupt nicht auf einem tieferen Level denkt, sondern einfach nur seine Karten spielt. Wenn Sie unbekannten Gegnern einen fortgeschrittenen Denkprozess zutrauen, führt das oft dazu, dass Sie erhebliche strategische Fehler machen.

Obwohl das Levelling für jede Situation gelten kann, in der die Denkprozesse zweier Spieler einen Einfluss aufeinander ausüben, werden die folgenden Stufen üblicherweise als Beispiel genannt.

Level 0 - Kein Bewusstsein für eine Strategie.
Level 1 - Wir spielen nur unsere Karten aus. (Besser als Level 0)
Level 2 - Wir spielen auf der Grundlage der Range unseres Gegners. (Übertrifft Level 1).
Level 3 - Wir spielen auf der Grundlage der von uns wahrgenommenen Range. (Schlägt Level 2, kann aber ironischerweise gegen Level 1 verlieren)